Auch in diesem Jahr werden viele bekannte Gesichter die Reichelsheimer Märchen- und Sagentage mit gestalten, aber es konnten wie bisher auch Autoren und Geschichtenerzähler neu hinzu gewonnen werden.

Wie schon fast Tradition, findet der erste Vortrag bereits am Donnerstag Abend in der Evangelischen Michaelskirche statt. Der Wildweibchenpreisträger des Jahres 1997 Hans-Christian Kirsch , auch unter dem Namen Frederik Hetmann bekannt und in Reichelsheim ein oft und gern gesehener Gast, hält einen Vortrag über die Gestalt des Moses und berichtet über neue Forschungsergebnisse der Theologie und Archäologie. Wissenschaftler unterschiedlicher Herkunft wie Sigmund Freud oder Martin Buber haben sich mit der Gestalt Moses beschäftigt, das Thema ist vielfältig in der Literatur bearbeitet. Man darf auf die Ausführungen Hans-Christian Kirschs sehr gespannt sein. Die Veranstaltung wird vom Jugendchor der Michaelsgemeinde begleitet.

Nach dem großen Zuspruch, den die Lange Nacht der Märchen im letzten Jahr hatte, wurde auf die Programmgestaltung in diesem Jahr noch mehr Wert gelegt, um die Zuhörer bis um zwei Uhr nachts wach und bei Laune zu halten. Die Autoren und Erzähler, die dabei mitwirken, sind auch in die Veranstaltungen am Samstag und am Sonntag eingebunden.
Eröffnet wird die lange Nacht der Märchen mit einem besonderen Leckerbissen: die Marionettenspielgruppe Seipaté spielt ein orientalisches Märchen.
Ihr folgt Rotraud Saeki, Märchenforscherin und Autorin aus Okinawa, die im letzten Jahr von den Reichelsheimer Märchen- und Sagentagen so begeistert war, dass sie in diesem Jahr wiederkommt mit Geschichten von Liebe und Wundern aus Okinawa unter dem Titel "Geheimnisvolle Mächte".
Danach stellt Hans-Christian Kirsch irische Bräuche vor. Irland und die Sagenwelt der Kelten sind ein Schwerpunkt seiner Arbeit, er hat viele Märchen und Sagen aus diesem Kulturbereich ediert und über die Anderswelt geforscht.
Nicht vorstellen muss man in unserer Gegend Gerd Grein aus Otzberg, der vielen bekannt ist durch die Märchen der Brüder Grimm, die er witzig in hessischen Dialekt übertragen hat und vorzüglich erzählen kann. Dieses Mal erzählt er von den "Blinden Hessen" und dem "Raubacher Jockel".
Um Mitternacht erzählt Ulrich Mehler, vielen Besuchern aus früheren Jahren auch als "Geschichtenerzähler Udalrich" aus dem Märchenerzählzelt bekannt, Gespenstergeschichten zur Geisterstunde mit dem Titel "Masken".
Im Märchenerzählzelt kann man ihn samstags mit Geschichten aus der Anderwelt und sonntags mit Geschichten von guten und bösen Geistern hören.
Um 1 Uhr beschließt Andreas Motschmann aus Coburg die lange Nacht der Märchen mit einer spannenden Geschichte "Heute Nacht ist in Reichelsheim der Teufel los". Andreas Motschmann ist Sagen- und Märchenerzähler mit dem Schwerpunkt im fränkischen Bereich. Er ist Mitglied der Europäischen Märchengesellschaft und Preisträger eines internationalen Erzählwettbewerbs. Besucher der Handwerkermarktes auf den Fronhof kenne ihn aus der Märchenscheune.

Das Programm am Samstagvormittag, das im letzten Jahr von Wissenschaftlern zu Fragen der Märchenforschung gestaltet wurde, wurde in diesem Jahr etwas aufgelockert, so dass sich jetzt Vortrag und Erzählung abwechseln. Damit wird  erreicht, dass die Zuhörer Bestandteile der Märchen sofort auf Elemente der Märchenforschung übertragen können und gleichzeitig in einer anhaltenden Spannung gehalten werden.
Gestaltet wird der Vormittag von der diesjährigen Wildweibchenpreisträgerin Sigrid Früh, die seit Jahren bei den Märchentagen mitwirkt, und Andreas Motschmann.
Sigrid Früh beginnt mit Familienmärchen "Von wilden Jägern und wilden Weibern". In ihren Märchen spielen die Naturgewalten und die Jahreszeiten mit ihren Besonderheiten eine große Rolle, ebenso die Frauen, die meist über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügen und dadurch eine besondere Macht ausüben können. Auf Sigrid Früh darf man sich freuen, denn sie ist eine begnadete Erzählerin.
Ihr folgt Andreas Motschmann mit einem Vortrag "Pass auf , das feurige Männlein kommt". Hier geht es um Grenzsteinversetzer und andere Wiedergänger. Der Zuhörer bekommt eine Einführung in das Wesen der Volkssage, ihre Entstehung und Hintergründe und in das Rechtsbewusstsein der ländlichen Bevölkerung der letzte Jahrhunderte.
Danach erzählt er eine solche Volkssage unter dem Titel "Der Müllersknecht, das feurige Männlein".
Den Vormittag beendet Sigrid Früh mit einem Vortrag über "Bräuche im Jahreslauf". Dieser interessante Stoff trägt zum Verständnis ihrer Geschichten und Figuren bei und ist ein wichtiger Teil der Märchen- und Brauchtumsforschung.

Ihr Gesamtwerk stellt sie am Nachmittag im Historischen Sitzungssaal vor, auch hier wird sie Auszüge lesen, erzählen und deuten.

Ein weiterer Höhepunkt für Kinder ist die Maskenwerkstatt im Evangelischen Gemeindehaus mit Kindergärtnerinnen der Reichelsheimer Kindergärten. Die Maskenwerkstatt ist auch am Sonntag geöffnet.

Alle Odenwälder, insbesondere die Heimatforscher, werden auf ihre Kosten kommen mit dem Vortrag von Gerd Grein "Brauchtum im Odenwald" im Historischen Sitzungssaal.

Ein Sprung in eine andere Kultur ist der anschließende Bericht von Rotraud Saeki über "Okinawa und seine Märchenwelt".

 Am Sonntag finden  außer den bereits genannten viele andere Veranstaltungen statt, die auch für Kinder geeignet sind.
Der literarische Teil beginnt mit Hanna Dunkel, einer Autorin aus Kriftel. Sie liest aus ihrem Buch "Von der Königin, die behaglich Tee zu trinken wünschte", aber auch andere Texte, die unter dem Motto "Märchen von Liebe und anderem Zauber" stehen.

Danach finden zwei Veranstaltungen gleichzeitig statt:
Im Historischen Sitzungssaal erzählen Uta Franck und Peter Beuchelt aus Kelkheim Märchen für Kinder und Erwachsene mit dem Titel "Der schwarze Wolf". Uta Franck ist Autorin des Buches "Der Prinz im Schaffell" Ihre Märchen sind frei erfunden für Leute von heute, pfiffig und witzig, nehmen aber auch klassische Elemente auf.
In der Buchhandlung Ellen Schmid ist zeitgleich der Harfenspieler Ulrich Knopp zu Gast. Er kommt seit Jahren zu den Märchentagen, hat viele Veranstaltungen begleitet und auch bei den Eröffnungen gespielt. In diesem Jahr hat er für sein Spiel eine internationale Auszeichnung erhalten. Er erzählt selber Märchen und begleitet sie mit seiner wunderschönen Musik.

Auch Andreas Motschmann erzählt am Sonntagnachmittag für Kinder, und zwar Burgensagen und Gruselgeschichten.

Mit Kindermärchen aus Süd-Okinawa leistet Rotraud Saeki noch einen interessanten Beitrag aus dem Bereich Märchen aus aller Welt und beendet den literarischen Teil der Märchen- und Sagentage.

Aus der Vielfältigkeit und dem hohen Anspruch des Programms geht hervor, dass auch in Zeiten knapper Kassen das Ziel nicht aus den Augen verloren wurde.

Ellen Schmid ist Mitglied des Organisationsteams der
Reichelsheimer Märchen- und Sagentage, Arbeitsgruppe Autoren

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