INTERVIEW

Frau Nöstlinger, was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie erfuhren, dass Sie die Wildweibchenpreisträgerin 2002 sind ?

    Erstaunen darüber, dass es diesen Preis überhaupt gibt, und zudem Verwunderung darüber, dass er mir zugedacht wurde, denn ich bin ja nun wirklich keine “Märchen-Autorin”.

Sie haben in Ihren Jugendromanen oft schwierige Familienkonflikte, die häufig durch starke Frauen oder Mädchen gelöst werden. Gibt es dafür möglicherweise Vorbilder in Ihrer Biographie oder sind es Ihre Wunschvorstellungen von Frauen ?

    Meine Wunschvorstellungen pappe ich nicht meinen Romanfiguren auf. Gottlob gibt es allerorten reichlich Frauen und Mädchen, die “stark” sind und fähig, familiäre Konflikte zu lösen. Muss ja so sein, denn von Männern ist das realistischerweise kaum zu erwarten.

Gab es Anregungen für Ihre Geschichten in Ihrer beruflichen Umgebung ?

    “Berufliche Umgebung” ist bei mir karg. Bücher schreibe ich mutterseelenallein. Höchstens, dass mich Lektoren mit Abgabeterminen bedrängen. Bei Fernseh-Drehbüchern und Hörfunk-Manuskripten gibt es bloß ein paar Besprechungen mit Redakteuren, die meistens das Gegenteil von “anregend” sind. Kann aber freilich passieren, dass ein Verleger sagt, er brauche im nächsten Jahr dringend ein Buch für “Erstleser” oder eines für “Jugendliche”, und dann denke ich halt in diese Richtung.

Welche Ihrer zahlreichen Kinderbuchfiguren sind Ihnen selber am liebsten, sind es diejenigen, die in mehreren Büchern wiederkehren oder diejenigen, die in einem Buch ihre Geschichte abschließen ?

    Eigentlich ist es mir lieber, wenn eine Geschichte in einem Buch erzählt und hernach für mich “erledigt” ist. Obwohl viele meiner Leser auf “Fortsetzungen” aus sind. Manchmal wächst mir aber eine Figur so ans Herz, dass ich von ihr nicht lassen kann. So bringe ich es dann auf fünfzehn Franz-Bücher oder drei Gretchen-Bücher.

Der Wildweibchenpreis ist eine Auszeichnung, die im Rahmen eines Märchenfestabends verliehen wird, zu dem Groß und Klein mit der Erwartung kommen, dem grauen Alltag für Stunden, im optimalen Falle für drei Tage, zu entfliehen. Was werden Sie tun, was müssen wir tun, damit uns dies auch 2002 gelingen mag ?

Tut mit leid, aber im “Entfliehen vom grauen Alltag” bin ich wirklich keine Expertin. Im Gegenteil, ich bin eher eine, die sich im Alltag wohlfühlt, ihn nicht “grau” findet und keinerlei Fluchtgedanken hegt.

Die Fragen stellte Jochen Rietdorf, Gesamtorganisator der
Reichelsheimer Märchen- und Sagentage


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