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Letzte Aktualisierung:
25.10.2009

 Galgenvögel im Gebüsch

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Die Darmstädterin Larissa Anton erinnert an die Geschichte der Räuber im Odenwald des 19. Jahrhunderts

„Da kommt eine Charrette!“, ruft der Räuber seinen Kumpanen zu. Die „Charrette“ ist eine Kutsche, in der zwei Kaufleute am 1. Mai 1811 bei Laudenbach unterwegs sind. Und im Gebüsch lauert die Räuberbande des Hölzerlips, die damals im Odenwald ihr Unwesen trieb. Noch heute erinnert ein Gedenkstein an der Bundesstraße zwischen Hemsbach und Ober-Laudenbach an den Überfall, der mit dem Tod des sechsfachen Vaters Jacob Rieter endete. Die Darmstädter Filmemacherin Larissa Anton hat unter dem Titel „Räuber, Mörder, Galgenvögel“ einen einstündigen Film zur Geschichte des Räuberwesen im Odenwald während des 19. Jahrhunderts gedreht.

Es ist der vierte Film Antons, der anhand von Natur- und Kulturdenkmälern historische Begebenheiten im Odenwald abbildet. Zwei Filme widmeten sich der Kräutermagie der Wildweibchen und einer rankte sich um die Mär vom Ritter Rodenstein. Zwischendurch unternahm die Filmemacherin einen Abstecher in die Geschichte ihrer Ahnen und zeichnete das Wirken der Darmstädter Musikerfamilie Anton nach. „Ich habe schon mit zehn Jahren Sagen und Legenden gelesen. Zum Medium Film bin ich gekommen, weil ich die Bilder, die ich beim Schreiben vor dem Auge habe, sichtbar machen wollte“, sagt Larissa Anton dazu. Von Anfang an hat sie Regie und Produktion selbst in die Hand genommen. Mit Kamera und Schnittprogramm eignete sie sich Technik und Computerkenntnisse an.

 Für den neuen Film waren es Höhlen und Mordkreuze im Odenwald sowie der Galgen bei Beerfelden, die sie inspirierten. „Mein Film hat nichts mit Räuberromantik zu tun. Räuber waren Menschen, die nichts zu verlieren hatten. Sie lebten ebenso wie Schausteller, Krüppel oder Obdachlose als fahrendes Volk“, so Larissa Anton. Dazu sei die geschilderte Epoche zwischen 1789 und 1815 von gesellschaftlichem Umbruch geprägt gewesen: Viele Menschen lebten in Armut, 15 Prozent ohne Wohnsitz. „Es gab rund 300 Kleinstaaten in Deutschland, so dass die Räuber rasch in einen Nachbarstaat flüchten konnten, in dem sie vor Verfolgung sicher waren“, erklärt die Filmemacherin.

Unterstützt wird sie von ehrenamtlichen Darstellern, von Archivaren sowie von den Verwaltern oder Bewohnern kulturträchtiger Gebäude. „Es ist grandios, wie viele Menschen sich von meinen Ideen mitreißen lassen – 28 Darsteller und drei Pferde sind beim szenischen Spiel dabei“, sagt Larissa Anton. In historischen Gewändern vom Turnverein Fränkisch-Crumbach und aus dem Museum Otzberg hat sie das „wütende Treiben und Schnapsen“ nachgestellt. An rund 30 Orten wurde gefilmt, wobei das Felsenhaus bei Mülben nahe Waldkatzenbach, der Keilvelter Hof in Unter-Ostern sowie die Gefängniszellen im Regionalmuseum Reichelsheim zentrale Drehorte waren. Der Film ist in 13 Kapitel unterteilt, die Musik kommt von Joachim Lehberger. Sprecher des Films ist Erich Schaffner.

Im Mittelpunkt stehen die sechs Raubgenossen Hölzerlips sowie der Schinderhannes, der aus seinem Raubgebiet, dem Hunsrück, in den Odenwald kam, um sich von der Verfolgung der Behörden auszuruhen. Die Gefährtin des Hölzerlips und einzige Frau der Bande, Katharina Weiß, stellt die Regisseurin selbst dar. Gezeigt wird, wie es durch die Initiative des damaligen Stadtdirektors von Heidelberg, Ludwig Pfister, 1811 nach dem brutalen Mord von Ober-Laudenbach zur Zusammenarbeit der Kleinstaaten bei der Strafverfolgung kam. So wurden schließlich auch Hölzerlips und seine Spießgesellen verurteilt. „Der Prozess der Bande ist sorgsam dokumentiert. Es sind sogar Porträtzeichnungen erhalten, so dass wir die Schauspieler äußerlich ähnlich herrichten konnten“, sagt Larissa Anton.

In packenden Szenen soll der Film Sozialgeschichte ohne romantische Ummantelung wiedergeben. „Die Räuber zeigten keineswegs Robin-Hood-Mentalität. Sie plünderten und schlugen mit Knüppeln auf alle ein, die ihnen in die Finger gerieten“, erzählt die Regisseurin.

Der Film ist zu sehen während der Reichelsheimer Märchen- und Sagentage im Reigelser Kino “Löwen-Lichtspiele”

Charlotte Martin

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